Die Gliederung der romanischen Sprachräume – und die geographischen Inseln

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Schlagwörter: kommunikativer Raum , Kreolsprache , Dialektkontinuum , Romanische Sprachen , Romanisierung , Sprachraum

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  1. Referenz auf den gesamten Beitrag:
    Thomas Krefeld (2024): Die Gliederung der romanischen Sprachräume – und die geographischen Inseln, Version 1 (29.04.2024, 13:32). In: Korpus im Text, Serie A, 117154, url: http://www.kit.gwi.uni-muenchen.de/?p=117154&v=1
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1. Romania

Der Ausdruck ‘Inselromania’, der den Gegenstand dieses Workshops bezeichnet, ist in der Sprachwissenschaft bislang nicht etabliert; er soll offenkundig Teilgebiete der Romania spezifizieren und könnte deshalb für die bestehenden Gliederungsvorschläge des romanischsprachigen Raums relevant sein. Alle dazu gehörenden Gebiete werden ja unter dem allgemeinen Begriff ‘Romania’ zusammengefasst. Eine Gliederung dieses Großraums erfolgt auf Grund historischer, sprachtypologischer und geographischer Kriterien. Üblich, oder wenigstens weit verbreitet, ist die explizit historische Dreiteilung in eine ‘Alte’, eine ‘Neue’ und eine ‘Verlorene’ Romania. Während die ‘Alte’ Romania in der Antike durch eine lateinisch sprechende Bevölkerung romanisiert wurde, erfolgte die Romanisierung der ‘Neuen’ Romania bereits durch Sprecher einer romanischen Sprachen/Varietät. Sowohl im einen wie im anderen Teilraum fanden auch Entromanisierungsprozesse statt, die zur ‘verlorenen’ Romania (auch: Romania submersa) führten. Die Unterscheidung zwischen ‘alter’ und ‘neuer’ Romania lässt sich – implizit – bis zu einem gewissen Grad geographisch abbilden, da eine Romanisierung durch Lateinisch sprechende Personen ausschließlich im ehemaligen Imperium Romanum stattfand und nur in einem Teil davon, nämlich in Europa eine Überlieferungskontinuität bis in die Gegenwart begründete. Die ‘neue’ Romania ist dagegen zwar dominant außerhalb der Grenzen des Imperium Romanum angesiedelt, allerdings keineswegs ausschließlich, denn auch innerhalb des ehemals römischen Territoriums finden sich Gebiete, die seit dem Hochmittelalter durch Sprecher des Romanische neu romanisiert wurden (wie zum Beispiel weithin auf der Iberischen Halbinsel). Innerhalb der außereuropäischen, ‘neuen’ Romania lässt sich weiterhin in sprachtypologischer Hinsicht zwischen romanischen und romanisch basierten, kreolischen Varietäten unterscheiden.

Die drei genannten historischen Ausprägungen (‘’alt, ‘neu’, ‘verloren’) sind in unterschiedlicher Weise migratorisch konditioniert: im Fall der Romanisierung durch die emigratorische Expansionsbewegung lateinisch bzw. romanisch sprechender Bevölkerung und im Fall der Entromanisierung durch die immigratorische Expansionsbewegung anderssprachiger Bevölkerung (vgl. genauer zum Begriff Romània und speziell zur Romània migratoria Krefeld 2024).

  Ausprägungen Klassifikations-
kriterien
Romania ‘alt’ explizit: historisch
implizit: sprachtypologisch, geographisch
‘neu’
‘verloren’
‘insular’ ? explizit: geographisch

Wichtiger als die geographischen Implikationen der Romanisierungsweise sind die vielfältigen kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründe, denn sie führten zweifellos zu den sehr ausgeprägten sprachlichen Unterschieden, die sich seit der Romanisierung entwickelten und die mit wiederum spezifischen Transkulturationsphänomenen sowie mit Sprachkontaktszenarien verschränkt waren. Grosso modo sind sehr komplexe, gewissermaßen zweistöckige Sprachräume entstanden: In einer ersten Phase entwickelte sich in der europäischen Romania seit der Antike zunächst ein stark differenziertes Kontinuum romanischer Dialekte; in einer zweiten Phase, die um das Jahr 1500 einsetzte, entstanden einige wenige standardisierte Varietäten, die sich in Ausschnitten des Dialektkontinuums als gemeinsame Referenzvarietäten  (oder: ‘Hochsprachen’) für die Schriftlichkeit und formelle Mündlichkeit etablierten und gewissermaßen wie ein Dach über die jeweiligen Varietäten des Kontinuums legten. Die Gründe für diese Überdachung sind politischer und mediengeschichtlicher Natur; es dürfte ja kein Zufall sein, dass die Standardisierungstendenzen bald nach der Durchsetzung des Buchdrucks aufkamen. Man beachte, dass sich die Territorien standardisierter Sprachen/Varietäten im Unterschied zu den Dialekten scharf abgrenzen lassen, selbst dann, wenn die Unterschiede zwischen den angrenzenden Sprachen nicht sehr groß sind. Im Gefolge der Überdachung wachsen überdachende und überdachte Varietäten zu ‘historischen Sprachen’ zusammen (vgl. zu diesem Ausdruck Coseriu 1980). Es ist jedoch wichtig zu sehen, dass die sich daraus ergebende Zugehörigkeit eines Dialekts zu einer Standardvarietät (und damit zu einer historischen Sprache) ursprünglich mehr oder weniger kontingent und keineswegs durch die sprachliche Natur des jeweiligen Dialekts vorgegeben ist. Diesen kontinuierlichen Übergang unter den Dialekten symbolisiert in der folgenden Graphik der fließende Farbübergang, im Gegensatz zum eindeutigen Farbwechsel auf der Ebene der Standardvarietäten. 

Die Zweistöckigkeit der historischen romanischen Sprachen

Die Entstehung der nicht-europäischen Romania wurde im Gefolge des Kolonialismus im Wesentlichen durch Sprecher*innen europäischer Dialekte getragen, zwischen denen es jedoch im Gefolge der Auswanderung zu starken Ausgleichserscheinungen kam, denn der dialektale Input, den die Europäer mitbrachten, war sehr heterogen. Es ist daher unmöglich, die romanischen Kolonialvarietäten eindeutig auf spezifische Dialekte der alten Romania zurückzuführen. Wenn vor allem in Hinblick auf Amerika nun von nationalen Varietäten wie vom kanadischen Französisch, mexikanischen Spanisch, brasilianischen Portugiesisch usw. die Rede ist, werden damit durchaus Gruppen von Varietäten identifiziert; die jeweiligen Unterschiede innerhalb der Staaten sind jedoch nicht mit den teils massiven Dialektunterschieden in der alten Romania zu vergleichen. Zu neuen Standardsprachen ist es bisher nicht gekommen, obwohl die Unterschiede zu den europäischen Standardvarietäten etwa im Fall Brasiliens tiefgreifend sind.

2. Inseln in der Romania

Es stellt sich nun die Frage, ob sich irgendwo in der Romania - sei es auf der Ebene der überdachten Varietäten, sei es auf der Ebene der überdachenden Standardsprachen (die eigentlich Standardvarietäten sind) - geographische Inseln abzeichnen.

2.1. Europäische Romania

Die gewaltige Expansion des römischen Herrschaftsbereichs vollzog sich im wesentlichen auf dem Landweg und ging mit der Entwicklung entsprechender Infrastruktur, insbesondere mit dem Ausbau eines weitläufigen Netzes von Fernstraßen einher (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_R%C3%B6merstra%C3%9Fen#/media/Datei:Roman_Empire_125_de.svg).. Zusätzlich wurde auch die See- und Flussschifffahrt genutzt; sie war keineswegs unwichtig, jedoch alles in allem deutlich nachgeordnet.

Immerhin wurden sehr früh auch die großen Mittelmeerinseln romanisiert; sie gehören sogar zu den ersten Provinzen des Römischen Reichs, nämlich:

  • Sicilia: 241 v.Chr., nach dem ersten Punischen Krieg  von Karthago an Rom gelangt, 221 v.Chr.  als Provinz eingerichtet;
  • Sardinia et Corsica: 237 v.Chr., ebenfalls in Folge des ersten Punischen Kriegs von Karthago an Rom gelangt, 227 v.Chr. als Provinz eingerichtet;
  • Baleares: 197 v.Chr., als Teil der Hispania Citerior, ab 27 v. Chr. Teil der (Hispania) Tarraconensis. 

Man könnte nun auf die Idee kommen, es ergäbe sich hieraus eine Sonderstellung der Inseln, da sie nicht in das Fernstraßennetz eingebunden, sondern buchstäblich isoliert waren. In sprachlicher Hinsicht assoziiert man mit dergleichen Räumen spontan einerseits Konservativität, da festländische Neuerungen die Inseln nicht erreichten,  und andererseits endogene Innovativität auf Grund partikulärer Eigenentwicklungen. Das scheint im Blick auf das so genannte Sardische, speziell das Nuoresische auch zu stimmen, wenn man - um eine lautliches Beispiel zu bemühen - an den Erhalt des velaren lateinischen Plosivs /k/ vor Palatalvokal denkt (vgl. nuoresisch aus Bitti kɛna < lat. cena; Quelle: AIS Karte 1031, Punkt 938) und an die Entwicklung des paragogischen Auslatvokals, d.h. die Wiederholung des unbetonten Vokals der letzten Silbe, wenn diese auf einen Konsonanten endet (vgl. nuoresisch aus Bitti ′enniti anstatt ′ennit < lat. venit, in:  ki ′enniti a′umbe ′semu nnois ‘che viene da noi’; Quelle: AIS Karte 1637, Punkt 938).

Erhalt des lat. /k/ vor Palatal in sard. kena 'cena' (Quelle: https://www3.pd.istc.cnr.it/navigais-web/?map=1031&point=938)

Paragogischer Schlussvokal in sard. (v)enit 'viene' (Quelle: https://www3.pd.istc.cnr.it/navigais-web/?map=1637&point=938)

Aber ihr eigentliches sprachliches Profil erhielt die Insel seit dem Hochmittelalter durch die teilweise oder vollständige Eingliederung in Staatsgebilde, deren Erfolg gerade das Ergebnis maritimer Macht war; im einzelnen waren das die Seerepubliken Pisa und Genua, sowie die Königreiche Aragón und Spanien. Daraus resultierten Sprachkontaktkonstellationen, die sich deutlich, teils massiv niedergeschlagen haben:

  • die auf die antike Romanisierung zurückgehenden primären Varietäten (z.B. das Nuoresische) integrierten Entlehnungen (vgl. Krefeld 2024; Link);
  • eine ganz neue sekundäre Varietät, das Sassaresische, entstand;
  • nicht in Sardinien entstandene Varietäten wurden durch Immigrationsbewegungen importiert, so das Katalanische von Alghero, das Korsische in der Gallura und das ligurische Tabarchino in Carloforte und Calasetta

Die Karte zeigt die sardische Sprachlandschaft im Überblick (ohne auf die Überdachung durch das Italienische hinzuweisen):

Der sardische Sprachraum (Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1f/Sardinia_Language_Map.png)
(Lizenz: CC BY SA)

Wie man sieht, wirkten ‚alte’ und ‚neue’ Romanisierungsbewegungen in vielfältiger Weise zusammen. Ein ähnliches Bild hat sich aus der  Sprachgeschichte Siziliens ergeben (vgl. Krefeld 2023e). Etliche Städte dieser Insel war zudem seit vorrömischer Zeit in das weiträumige Großgriechenland integriert, dass Kolonien und Pflanzstädte umfasste, die teils auf Inseln, teils auf dem Festland situiert waren. Sowohl Sardinien als auch Sizilien erweisen sich als faszinierende Gegenstände regionaler Sprachgeschichtsschreibung; Anhaltspunkte für eine spezifisch inselhafte Konditionierung liefern sie ebenso wenig wie die Balearen, die das Bild einer zwar auf Inseln situierten, aber gewissermaßen unauffälligen Erweiterung des katalanischen Sprachgebiets  abgeben (vgl. die Karten des ALDC).

Mit dem Namen einer geographischen Insel wird in der romanistischen Tradition gelegentlich auch das ausgestorbene Romanisch der römischen Provinz Dalmatia als Vegliotisch bezeichnet, denn der letzte Sprecher, dessen Dalmatisch von Matteo Bartoli (1906b) aufgenommen wurde, stammte von der Insel Veglia (kroatisch Krk).

Auf die in mehrfacher Hinsicht spezielle Situation dieser Datenerhebung weist Barbarić 2015 (13-16 ) zu Recht hin.

2.2. Nicht-europäische Romania

Auch zur nicht europäischen Romania, die aus dem europäischen Kolonialismus hervorgegangen ist, gehören einige große karibische Inseln (Kuba, Dominikanische Republik/Haiti, Martinique u.a.), einige Insel(gruppe)n vor der westafrikanischen Küste (Cabo Verde, São Tomé e Principe) sowie etliche Insel(gruppe)n im Indischen Ozean (Seychelles, Comores, La Réunion u.a.). Auch hier ist es sinnvoll zwischen 'überdachten' und 'überdachenden' Varietäten/Sprachen zu unterscheiden. Allerdings ist es unvermeidlich dabei auch die romanisch basierten Kreolsprachen zu berücksichtigen (vgl. Michaelis/Maurer/Haspelmath/Huber (2013) und Michaelis/Maurer/Haspelmath/Huber 2013), obwohl sie in der Regel aus sprachtypologischen Gründen nicht zu den romanischen Sprachen gerechnet werden. Aber in kommunikationsräumlicher Hinsicht gehören kreolophone Gebiete in jedem Fall zur Romania, wenn sie durch eine romanische Sprache überdacht sind, und in historischer Hinsicht kann man nicht umhin, in der Kreolisierung eine – wenngleich extreme – Form diachroner romanischer Sprachentwicklung zu sehen. 

Drei Kriterien bieten sich nun an, um die kommunikationsräumlichen Verhältnisse zu typisieren:

  • Die überdachten Varietäten sind sekundäre Dialekte der europäischen Kolonialsprachen oder vielmehr Kreolsprachen, die auf der jeweiligen Insel auf der Basis einer oder womöglich mehrerer Kolonialsprachen entstanden sind. Weiterhin können die überdachten Sprachen indigenen Ursprungs sein.
  • Die überdachenden Standardvarietäten gehören zur selben Kolonialsprache, die auch die Basis der jeweiligen insularen Kreolsprache bildet; in diesem Fall ist mit deutlichen Dekreolisierungsprozessen und einer Verringerung des Abstands zur ehemaligen Kolonialsprache, wenn nicht mit einer tendenziellen Auflösung des Kreols zu rechnen. Die insularen Kreols können aber auch durch eine andere Kolonialsprache als ihre historische Basissprache überdacht sein.
  • Gelegentlich konnte sich aus dem insularen Kreol eine standardisierte Dachvarietät entwickeln.

Grosso modo zeichnen sich nun aus romanistischer Sicht fünf Typen ab:

(1) sekundärer insularer Dialekt und nahverwandte romanische Dachsprache
(2) insulare Kreolsprache und romanische Basis als Dachsprache
(3) insulare Kreolsprache und nicht (nah) verwandte romanische Dachsprache
(4) insulare Kreolsprache auf der überdachten Ebene und als (eine) Dachsprache
(5) indigene Sprache und nicht verwandte romanische Dachsprache

Diesen Typen werden in der folgenden Tabelle die Inseln der nicht-europäischen Romania zugeordnet: 

geographischer Name sprachsoziologischer Status
Dachsprache überdachte Sprache/Varietät
Karibik
Kuba Spanisch kub. Spanisch
Hispaniola Spanisch (Dom. Rep.) dom. Spanisch (Mind. hait. Kreol)
Französisch (Haiti) fra. basiertes insulares Kreol
Martinique Französisch fra. basiertes insulares Kreol
Guadeloupe Französisch fra. basiertes insulares Kreol
Dominica Englisch fra. basiertes insulares Kreol
Saint Lucia fra. basiertes insulares Kreol
Aruba Niederländisch/Papiamentu indigenes multipel basiertes Kreol Papiamentu
Bonaire
Curaçao
Westafrika
Cabo Verde Portugiesisch port. basiertes insulares Kreol
Principe e São Tomé port. /Bantu basiertes insulares Kreol
Indischer Ozean
Seychelles Englisch/Französisch/Kreol fra. basiertes insulares Kreol
La Réunion Französisch fra. basiertes insulares Kreol
Mauritius Englisch fra. basiertes insulares Kreol, indische Sprachen
Komoren Komorisch (Swahili)/Arabisch/Französisch Komorisch
Mayotte  Französisch Mahorisch (Swahili)

Angesichts der stark divergierenden Konstellationen, sind einfache Generalisierungen unmöglich. Wie der Fall der Insel Hispaniola zeigt, gibt es unter Umständen sogar auf ein und derselben Insel zwei Staaten mit unterschiedlichen Dachsprachen und jeweils ebenfalls ganz verschiedenen überdachten Varietäten (Dominikanische Republik mit Typ 1 vs. Haiti mit Typ 2).

Immerhin zeigt die Tabelle, dass sich auf den ehemals kolonialen Inseln mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit insulare Kreolsprachen herausgebildet haben, die durchaus auch eine interne diatopische Variation aufweisen können (vgl. Baptista 2013; Lang 2014, 2013). Es wäre jedoch falsch in der Insularität eine notwendige Bedingung für die Kreolentstehung zu sehen. Klar dagegen sprechen allein im karibischen Raum das spanischbasierte Palenquero in Kolumbien (vgl. Schwegler/Neumann-Holzschuh 2000) und das französisch basierte Kreol von Lousiana (vgl. Neumann-Holzschuh/Klingler 2013) sowie von Französisch-Guyana (vgl. Patzelt 2016).

I(bislang) zwei Fällen haben sich aus den insularen Kreols auch inselspezifische Dachsprachen entwickelt (Typ [4]), nämlich in Gestalt des Papiamentu  auf den sogenannten ABC-Inseln (Aruba, Bonaire, Curaçao; vgl. Kouwenberg 2013, und Kramer 2004) sowie auf den Seychellen (Michaelis/Rosalie 2013 und Michaelis/Rosalie 2013b). Und auch diese beiden Inselgruppen, die sich durch genuine Dachsprachen auszeichnen, weisen kaum sprachgeschichtliche Parallelen auf. Vielmehr spiegeln sich in den beiden Kreolsprachen gerade die spezifischen kolonialgeschichtlichen Besonderheiten:

Das Papiamentu ist in Curaçao entstanden; diese Insel spielt eine zentrale Rolle im karibischen Sklavenhandel. Das Kreol hat zweifellos eine iberoromanische Basis, in der dominant spanische und zahlreiche portugiesische Merkmale, bereits pidginisierter und kreolisierter Herkunft zusammengekommen sind. Weiterhin wurden etliche Elemente der niederländischen Kolonialsprache integriert. Im einzelnen ist die Genese sehr umstritten, wie die abwägende Einschätzung von Philippe Maurer zusammenfasst:

"Papiamentu evolved in a contact situation in which Afro-Portuguese creoles (both UGC and GGC) spoken by African slaves, Pidgin Portuguese spoken by soldiers and seamen, and Portuguese and Spanish spoken by Sephardic Jews all contributed to the formation of a new language in the 17th century, with subsequent changes due to language contact, though early, with Spanish and Dutch." (Maurer 2013c)

Ganz anders ist die Geschichte des Seychellen-Kreolischen verlaufen: Die Basis ist offensichtlich französisch, aber wie es scheint, ist das Kreolische auf Mauritius entstanden und erst sekundär auf die Seychellen gebracht worden: 

"When the French colonists, who mainly came from Mauritius, settled the Seychelles in the 1770s, they and their slaves brought a kind of stabilized Mauritian Creole along with them. Therefore, Seychelles Creole can be characterized as an offshoot of Mauritian Creole. The two languages remain mutually intelligible." (Michaelis/Rosalie 2013b)

3. Fazit

Jede Insel, auf der heute romanische Sprachen/Varietäten oder auch romanisch basierte Kreols gesprochen werden, hat ihre eigene Geschichte, Gemeinsame Züge, die durch die geographische Insularität konditioniert wären, scheint es nicht zu geben. Der Ausdruck ‘Inselromania’ ist deshalb allenfalls mit Referenz auf die romanischsprachige Bevölkerung sinnvoll. Über dieses triviale Verständnis hinaus hat er keinerlei klassifikatorische oder typologische Relevanz.

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